Da verbringt der gemeine Aschebercher (und Ex-Frankfodder) über Jahre hinweg seinen Sommer auf dem KoMMz oder dem Mühlberg (Gratulation zum 40ten!), bis irgendwann Michl sagt: „Hey, wir spielen auf dem Tsukahara, komm doch einfach mit.“ Stimmt, da wurde doch damals in Sailauf was ins Leben gerufen. Nix wie hin und ab in den Gonzo-Modus!
Richtig easy, wenn man eh in Mömbris ist – neun Kilometer sind schnell vorbei, dann noch einen Feldweg rein und zack, hat man einen Parkplatz mit freier Sicht runter auf die Hauptbühne. Purer Luxus. Hier könnte ich auch direkt hinter meinem Silver Surfer pennen, aber Michl hat mir sein Zelt angeboten. Vorher noch locker durch die Kasse, das geschulte Auge des Sicherheitspersonals ersetzt den Nacktscanner. Aber hey, ich hab eh meinen ganzen Kram im Auto gelassen 🙂 Noch zehn Euro bezahlt – bei solch kleinen Events mit dem Presseausweis für umme rein zu wollen, fänd ich Assi – und ich bin drin.
Der erste Act auf der Hauptbühne ist schon durch, ebenso wie der komplette Freitag, auf der Nebenbühne wird lustig geschrammelt. Gleich mal ein erster Besuch Backstage, wo sich die Jungs von Houseparty auf ihren Gig vorbereiten. Perfekt, um schnell hinter dem Strandvilla-Bus das Wurfzelt aufzubauen und meinen Kram aus dem Auto quer übers Gelände zu transportieren. Und dann geht es auch schon weiter.
Nette Mukke für den Nachmittag. „Roadtripmixtape“ passt thematisch bestens zu meinem Auftrag. Der Indie-Surf-Sound wär ebenfalls genau richtig. Nur leider werden bei Houseparty sowohl Stimmbildung als auch das Stimmen der Gitarren während des Gigs leider überbewertet. Wenn die Jungs das noch hinbekommen, wird das eine solide Kiste.
Insofern naheliegend, sich während des Auftritts mit den bei einem OpenAir drittwichtigsten Dingen vertraut zu machen: Gudd gess, gudd getrunk, wie der Saarländer so sagt. In meinem Fall Weinschorle und Pulled Pork – bei letzterem coole Bedienung durch einen Jungen, hier hilft quer durch die Generationen jeder mit, was das Festival absolut sympathisch macht.
Frisch gestärkt gibt es dann Strandvilla mit neuem Lineup. Buba mit ihrer markanten und gleichzeitig sicheren Stimme könnte Houseparty gleich als Vorbild dienen. Die Musik oftmals mit angenehmen Grooves, die „Neuen“ fügen sich gut ein. Aber was ist mit dem Sound? Michels Fünfsaiter scheint oberhalb des tiefen A nicht mehr zu existieren und ist unterhalb nur als Wummern zu vernehmen. Ob der Mixer keine Bassisten mag?
Während zu Beginn noch wenig Menschen vor der Bühne stehen, wird es im Laufe des Gigs richtig voll. Neben mir sammeln sich die Rockstars von Sirkus, die diesen Sommer von Finki bis Herzberg viele OpenAir-Bühnen rocken werden, natürlich Michel abfeiern und am Ende lautstark nach einer Zugabe rufen, für die keine Zeit mehr ist.
Dann folgen Velvet Two Stripes – drei Frauen und ein Drummer, Schweizer Roots, frisch optimiert aus Berlin. Der Soundcheck bläst mich schon weg und dann wird absolut brachial abgerockt. Hätte richtig geil werden können. Leider wähnt sich der Mixer in Sachen Dezibel bei Rock am Ring und hat sich fest vorgenommen, auch am Aschaffenburger Schloss gut hörbar zu sein. Insofern chill ich lieber erstmal im Zelt ab, wo immer noch alles gut zu hören ist – und verpasse den Moment, wo eine Seite der PA bzw. deren Stromversorgung den Dienst aufgibt. Auch Technik lässt sich ungern vergewaltigen. Gegen Ende lande ich wieder vor der Bühne, die Lautstärke ist mittlerweile akzeptabel, die Band rockt was das Zeug hält. Fette Kiste.
Kaum vorbei, beginnen Chris Pookah und seine Fairys auf der Nebenbühne zu zaubern. Chris mit vielen Songs aus Schottland oder eigener Feder, unterstützt von unglaublich toll getimten Percussions. Kompliment an den Mixer an der Nebenbühne, der hier einen klaren Sound zaubert trotz den Herausforderungen, die gerade die Posaune bietet. Alles angenehm zu lauschen, schöner Gig, der später fortgesetzt wird.
Schöne Atmo in den Bäumen – Kompliment für die lichtvolle Gestaltung des Ambientes.
Zeit fürs geile Finale: Dead Lord – harter Gitarrenrock aus Schweden, wie frisch importiert aus den Achtzigern. Zu Beginn noch etwas mainstreamig, wird hier richtig amtlich abgerockt mit zweistimmgen Gitarrenlines. Das Publikum wird absolut durchgefönt und so mancher entdeckt seine Liebe zur Luftgitarre.
Während des Gigs verkrümel ich mich Backstage, wo auch die Velvet Two Stripes abhängen und von Fanboys belagert werden. Als gealterter Rockstar halte ich mich bei den jungen Damen natürlich vornehm zurück 😉 Ist jedenfalls nett, dem Geschehen vor der Bühne mal wieder aus der anderen Richtung zuzuschauen und einfach auf dem Sofa abzuhängen.
Nach dem Ende der Party einfach ins Zelt fallen, Chris Pookah vom Schlafsack aus lauschen und sich in andere Sphären tragen lassen. Gibt schlimmeres im Leben 🙂
Jede Party hat einen Tag danach. Im Unterschied zum KoMMz erwartete mich eine fast menschenleere Festival-Landschaft, hier mal ein Müllsammler, dort mal drei verwilderte Burschen auf der Suche nach einem Trip ins Irgendwo. Für mich dagegen ging es einfach zurück zur Liebesministerin.
Insgesamt ein stressfreies und angenehmes Festival, das einen Besuch lohnt. Kompliment an das komplette Festival-Team und insbesondere an die Orga, die ein abwechslungsreiches Programm zusammengestellt hat mit einigen wirklich starken Live-Acts, die ich so international im Vorspessart nicht erwartet hätte. Aber Aschaffenburg ist ja immer wieder für positive Überraschungen gut 🙂