Das 31. Finki-Festival in Finkenbach im Odenwald. Eine Legende, die immer noch lebt. Mit Legenden, die auch heute noch so lebendig scheinen wie damals. Hier der typische Gonzo-ReCap eurer Redaktion, die keinerlei Kosten, Mühe und Selbstversuche gescheut hat!
Member sagte mir, er würde mit Lover 303 auf dem Finkenbach Open Air spielen. Hey, war das nicht dieses Open Air, wo wir in den 90ern schon so abgestürzt waren, dass ich mich an so gut wie NICHTS mehr erinnern konnte? War es. Also keine Frage: Nach dem KoMMz musste ich dort auch noch hin.
Hin…
Die 80 Kilometer in die Tiefen des Odenwalds zogen sich. Doch dann erreichte ich Finkenbach, Parken am Straßenrand, ein Plätzchen suchen auf dem Zeltplatz. Gar nicht so leicht, war schon ziemlich voll am frühen Freitag nachmittag. Doch egal, wen ich ansprach, ich traf nur lauter nette Menschen und nachdem einer davon sein Auto ein wenig zurücksetzten, konnte ich direkt am Bach mein kleines Zelt aufbauen. Verschwitzt wie ich vom Aufbau war, lief ich Flucki in die Arme, einem fröhlichen Solinger mit Bier in der Hand. Duschen? Baden im Bach? Nee, sagte er, lass uns gleich mal ins Schwimmbad gehen.
Karte kaufen, Bändchen holen und ab ins Nass. Geil!
Wo kann man sowas schon haben? In der Sonne schmurgeln, im Wasser chillen und dabei schon mal dem Soundcheck lauschen? Cool. Das mag ich im Vergleich zum Herzberg Festival: Es ist irgendwie kuschliger. Und hat Schwimmbad statt Schlammrutsche 🙂
19.00 Uhr: Damo Suzuki und Rockformation Diskokugel
Damo kenne ich jetzt seit Anfang der 90er, der Kontakt ist nie abgebrochen und ich war richtig happy, ihm mal wieder zu begegnen. Nach einem Plausch an seinem Verkaufsstand, wo dann auch Member eintrudelte und mir Michel über den Weg lief, für den ich damals mit OffRock im Offenbacher Lohwald Musikprojekte gemacht hatte, startete auch irgendwann Damo auf der Bühne. War sicher nicht schlecht, ballerte uns aber auch nicht um. Irgendwie macht er seit all den Jahren das gleiche, da fehlte einfach der zündende Funke und Abwechslung.
In diesem Kontext: Lest einfach mal meine Rezension „Die Erben der CAN – Damo Suzuki und The Whole in Offenbach“ sowie diesen Teil meiner Diplomarbeit „Improvisation am Beispiel CAN„.
21.00 Uhr: Ton Steine Scherben
Boah, die Scherben. Was sind die in den 80ern bei mir rauf und runter gelaufen. Eine der Bands, die meine Sozialisiation maßgeblich mitgeprägt haben. Und die ich noch nie zuvor live gesehen hatte. Ja, kaum zu glauben, aber ist so. Würden die echt noch was bringen? Und hey, die Scherben ohne Rio, könnte das funktionieren? Ich fand ihn immer genial. Auch wenn ich mich in der Redaktion des Musikermagazins, für das ich damals schrieb, etwas unbeliebt gemacht hatte, als wir 1996 einen Titel für seinen Nachruf suchten und ich „Wilde Nächte in Rio“ vorschlug. Nun ja…
Member sagte mir gleich, es würde zwei Bands geben, die unter dem Namen Ton Steine Scherben weiter unterwegs wären. Diese hier traten unter ihrem Originalnamen auf, während die Wikipedia nachlegt, dass wir die „Ton Steine Scherben Family“ gesehen haben sollte, vermutlich ist die Biografie auf laut.de lesenswerter. Und da standen wirklich einige der ganz alten Mukker oben, sogar Paul Panzer war dabei.
http://www.youtube.com/watch?v=oG2DWbUae3k
Mit den Irrenanstalt ging es gleich gut los. Und bald waren die wichtigsten Fragen geklärt: Ja, hier gab es die alten Songs von Brühwarm, Scherben und Reiser auf die Ohren. Stücke wie mein Lieblingssong „Jenseits von Eden“, den ich komplett auswendig kann. Der Sänger gab sich Mühe, klang teilweise wie Rio, hatte aber auch nicht dieses Brennen, aber mein Gott, Rio kann man nicht kopieren. Und da ich mich in dieser Hinsicht locker machte und sie so nahm, wie sie waren, war es einfach geil.
Neben uns alten Säcken waren auch viele junge da und ich fragte mich: Wie wirken die Scherben auf sie? Und stellte fest, dass die Scherben heute genauso wichtig sein müssten wie damals. Oder eine Band, die heute das tut, was die Scherben damals taten. Denn die Botschaft stimmt weiterhin in vielen Dingen. Es gibt Dinge, die in diesem Land zur Zeit wieder arg daneben laufen, die Demokratie wird immer mehr zu Grabe getragen, ist nur noch eine Farce und kaum einen interessiert es. Insofern hatte ich ein Deja vu nach dem anderen. Okay, mit der „schwarzen oder roten Front“ konnte ich noch nie was anfangen und Randale war nie mein Ding. Wenn damals die Bedienung meiner Stammkneipe – heute führender Politiker der Grünen – ankam und sagte „Komm mit, wir fahren zur Startbahn West, Bullen kloppen“, dann weigerte ich mich, diesen Scheiß mitzumachen. Aber das rebellische der Scherben, vor allem später die visionären Texte, die eher utopistisch als desktruktiv waren, ergänzt um romantisch-lyrische Aspekte und immer wieder der Witz, diese Kombination brauchen wir. Macht weiter Jungs!
Mein persönlicher Hightlight des Festivals. Mit einer kleinen Einschränkung weiter unten.
23.00 Uhr: Lance Lopez [Texas-Killerguitar]
Straighter Rock halt. Etwas ungewöhnlich im Gesamtkontext. Hat mich auch nicht wirklich angemacht in dem Moment. Zumal mir etwas klar wurde. Ich fror wie die Sau. Zwei Wochen vorher auf dem KoMMz noch die halbe Nacht mit kaum was an rumgeturnt, im Main geschwommen, und jetzt… Tja, im Odenwald, da ist es kalt. War einfach zu lang nicht mehr da gewesen und das bayrische Nizza hat mich verwöhnt. Also ab zum Zelt. Mein Gott, ich hab noch nicht mal nen Pulli oder ne lange Hose eingepackt, geht’s noch? Und ich war mal als Extremsportler in den Alpen unterwegs, Zelten unter gruseligen Bedingungen. Tja, alles vergessen….
ca. 1.00 Uhr: Lover 303
Und dann die Band wegen denen ich eigentlich angereist bin, Conni und Member und Mani auf der Bühne. Und wo bin ich? Nicht vor der Bühne, wo ich hingehöre, sondern frierend und eingemummelt im Zelt. Was ein Bullshit. Langsam wird’s warm, nachdem ich auch noch meine Handtücher als Decken nutze. Und sehe das Ganze positiv: So kann ich den Sound auch recht gut genießen. Ich space weg zur Musik, tauche immer mal wieder auf, höre die Songs und lass mich irgendwann von Conni in den Schlaf singen… Gibt schlimmeres im Leben 😉
Lest also einfach meine Rezension von „Alien Revolution“ 🙂
Samstag, 17. August 2013
Irgendwann wach werden. Hallo Sonne. Erstmal in den Bach zum Waschen, nicht schlecht, wenn man sowas vor der Haustür hat. Auf dem Festivalgelände treffe ich Member und Conni beim Frühstück und gönne mir einen Tee. Es wird immer wärmer und wir verziehen uns ins Schwimmbad. Soviel Zeit am Stück hatte ich mit Member schon ewig nicht mehr – lange gute Gespräche.
15.00 Uhr: The Pancakes
Kann mich an nichts erinnern. Hab wohl im Schwimmbad gechillt 🙂
17.00 Uhr: Äl Jawala
Auf jeden Fall coole Mukke aus der Weltmusik-Ecke und ich lausche eine Weile vor der Bühne.
Allerdings macht sich mittlerweile der Hunger bemerkbar und ich wechsle zum Zelt. Esse und gucke danach einfach zur Mukke in den Himmel. Fein 🙂
http://www.youtube.com/watch?v=kVS_68FTTdY
http://www.youtube.com/watch?v=Wgdr8hgdKKA
19.00 Uhr: Birthcontrol
Noch so ein Klassiker, den ich zuweilen gehört, aber nie live gesehen habe. Hmm, ich bin nicht so ganz in Stimmung. Aber neben mir steht ein netter junger Mensch, der mir punktgenau aus meiner Verlegenheit hilft. Und vor uns zwei Deppen schnauzen uns an, als ich mich beim ihm bedanke. Sehr unlocker. Egal, ich fahre ab auf den besten Song, den sie je hatte: Gamma Ray.
http://www.youtube.com/watch?v=DEr1yioVWtk
21.00 Uhr: Guru Guru
Die Houseband persönlich, die ich mittlerweile aber schon mehrmals gesehen habe, zuletzt im Colos-Saal, was ein sehr geiler Auftritt war. Geh ik nu oder bleib ik nu? Die alte Frage. Erstmal zum Zelt, mit dem Nachbarn plaudern, der fast den ganzen Tag außer Gefecht war, sein gestriges Pilzgericht aber nun so langsam verdaut hat. Die haben ein nettes Feuerchen gemacht, ahhh, warm. Sie verschwinden, ich bleibe allein am Feuer. Hole mein Fujara aus dem Zelt, lege mich auf den Rücken, die Sterne über mir, der Elektrolurch kommt mich besuchen und ich fange an zu spielen. Mein ganz persönlicher Gig zusammen mit Guru Guru. Geil 🙂
23.00 Uhr: The Crazy World Of Arthur Brown
Boah, muss das der Hammer gewesen sein. Könnte mir auch heute noch in den Hintern beissen, dass ich nicht vor der Bühne war. Der alte Mann muss abgezogen haben, dass es eine Freude war. Und mangels Live-Erlebnissen hier einige Videos.
Arthur Brown: Fire, sein bekanntester Song:
http://www.youtube.com/watch?v=NOErZuzZpS8
http://www.youtube.com/watch?v=eawL6aJ2nBc
The Crazy World of Arthur Brown – Nightmare – 1968 – From the lost treasure Peter Sykes‘ 1968 head-trip film „The Committee“.
http://www.youtube.com/watch?v=b5hs3IDETcg
Live Acoustic Lorsch 2005
http://www.youtube.com/watch?v=B1mxZXyIlh8
ab ca. 1:00 Uhr: GINGER
Hmm, war da noch was nach Arthur Brown? Keine Ahnung, Tiefschlaf.
…und zurück
Sonntag, OpenAir ist vorbei. Wieder mal Waschen im Bach, Zelt abbauen, einpacken, Heimfahren. Hat sich gelohnt. Ich sollte 2014 wieder herkommen, dann aber besser ausgerüstet, was warme Klamotten angeht. Save the date: Freitag, 15.08., und Sa, 16.08.2014, das 32. Finki-Festival 2014. Danke an all die Menschen, die noch sowas auf die Beine stellen!
Sonstige Infos im Netz zum Finki 2013
- Hier ein Bericht in der Rhein-Neckar-Zeitung.
- Super Fotos von Frank Schildenbeck
Und hier meine eigenen:
Hinweis: Die Bildergalerie ging am 21.08.2013 online, das Intro dieses Artikels wurde am 22.08.2013 geschrieben, veröffentlicht dann am 20.10.2013, weil ich vorher einfach zu nix kam, der Rest nach und nach. Sorry…
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